„Soldaten trifft es im Ernstfall zuerst“
„Das Camp war wie eine Burg in der Wüste“, sagt Hauptmann Alexander Schäbler über seine Zeit in Afghanistan. „Weder das afghanische Militär noch die Verbündeten konnten für außerhalb Garantien geben – jede Patrouille war ein Wagnis.“ Schäbler, der neben seiner Offiziersausbildung eine medizinische Ausbildung genoss und vor der Bundeswehr in Berlin-Wedding als Psychiatriepfleger im Krankenhaus gearbeitet hat, musste als Vorgesetzter in Afghanistan neben der sanitätsdienstlichen Behandlung des militärischen Personals auch Lagerkoller vorbeugen. „Es gab viele einheimische Verwundete in unserer militärmedizinischen Notfalleinheit. Die afghanische Armee war nicht in der Lage, ihre eigenen Leute vollumfänglich zu versorgen, so hat das die Bundeswehr mit übernommen“, berichtet er.
Der Hauptmann sagt über seine Motivation, zur Bundeswehr zu gehen: „Ich wollte meinem Land etwas zurückgeben.“ Trotzdem sollten es am Anfang nur zwölf Jahre werden. Doch Alexander Schäbler lernte seinen Dienstherrn mehr und mehr schätzen: „Der deutsche Sanitätsdienst gilt als einer der besten der Welt für Einsatzszenarien.“ Heute ist er Berufssoldat. Insgesamt war er zwei Jahre auf Lehrgängen, die ihn auf seine Vorgesetztenrolle vorbereiteten. Von der EU-Mission in Mali 2013 berichtet er von Behandlungshierarchien, die Einheimische nach hinten stellen oder ganz ausschließen, was unmenschlich klingt, aber vor dem Hintergrund einer funktionsfähigen Truppe Sinn macht. Über fünf Monate kümmerte sich der Hauptmann in einem mobilen Krankenhaus um Verletzte und Erkrankte.
Es folgte ein Einsatz in der multinationalen, militärmedizinischen Dienststelle in Koblenz. „Ich war ein bisschen zuständig für alles, etwa neue Technologien für die Sanitätsdienste der Nato und der EU, z.B. die Implementierung von Biosensoren, und dann für alles, was mit Corona zusammenhing“, erklärt er. Nebenbei absolvierte er einen Masterstudiengang in Militärtheorie. Heute ist er sicherheitspolitischer Referent (offiziell „Jugendoffizier“) für Mittelhessen, besucht Schulen oder andere Bildungseinrichtungen und kommt dort ins Gespräch über Sicherheitspolitik. Er legt Wert darauf, keine Nachwuchswerbung zu machen.
Regelmäßig wird er mit dem Vorurteil konfrontiert, Soldaten seien weniger friedensbewegt. „Das ist für mich nicht nachvollziehbar“, sagt Schäbler. „Soldaten trifft es im Ernstfall zuerst. Warum sollten gerade wir an einer Konfrontation interessiert sein?“ „In Afghanistan arbeitete ich eng mit dem Militär dort zusammen. Oft sind Tränen geflossen, wenn die wieder Leute verloren hatten“, berichtet Schäbler. Dass ein afghanischer Kamerad samt Familie inzwischen nach Deutschland übersiedeln konnte, freut Schäbler, aber er sagt auch: „Wir konnten nicht alle retten.“ Sorge bereitet ihm die aktuelle Sicherheitslage. Privat bewegt sich Alexander Schäbler am liebsten draußen mit Hund, Katze und Freundin. Wir wünschen ihm den nötigen Sonnenschein. Aber er selbst braucht den vielleicht gar nicht, denn er hat einen inneren Frieden in sich.