Kristoffer Karlisch

Kristoffer Karlisch

„Die Feuerwehr hat mich gerettet“

Wer weiß, was geschehen wäre, hätte der Dachdecker Kristoffer Karlisch beim Schweißen auf einem Flachdach in den Niederlanden nicht versehentlich einen Brand ausgelöst, der durch einen Materialfehler verursacht wurde. „Wir waren nur Deutsche auf der Baustelle“, erinnert sich der gebürtige Bonner an die Situation, niemand kannte die Notrufnummer der niederländischen Feuerwehr. Zum Glück sind einige Dinge international, man versuchte es erfolgreich mit der 112. Nach einigen Jahren bei unseren nordwestlichen Nachbarn verschlug es Karlisch in die Schweiz. Damals war er unzufrieden mit seinem Leben und spürte, dass ihm etwas fehlte. „Ich habe Gegenstände angeschrien, konnte kaum schlafen, war unausgeglichen“, sagt er und erinnert sich an eine Rast am Vierwaldstättersee, als er bei der Online-Suche nach beruflichen Perspektiven auf die Feuerwehr Bonn stieß. Er machte sich schlau und informierte sich besonders über die Ausbildung zum Notfallsanitäter. Später im Auswahlgespräch war er so begeistert, dass er sich gleich für beide Bereiche, Berufsfeuerwehr und Notfallsanitäter, qualifizierte. Da war es dann, das fehlende Puzzlestück zum Glück. „Ich hatte eine sehr schöne Kindheit“, schwärmt der Brandmeister, „und diese soziale Komponente macht den Beruf rund.“ Im Hinblick darauf, dass er mitunter Türen aufbrechen, aber auch Schlaganfälle, Herzinfarkte oder Knochenbrüche versorgen muss, bezeichnet er sich als „Allzweckwaffe“, die „immer 112 Prozent“ gebe. Was ihn wirklich reizt, sind Einsätze im Drogenmilieu, mit gewalttätigem Hintergrund oder psychischen Auffälligkeiten. „Ich habe einfach den Draht zu diesen Menschen“, sagt er. Allerdings erinnert er sich auch an einen unschönen Einsatz in der Corona-Zeit. Als er einen Mann an der Schulter rüttelte, der – scheinbar verletzt, tatsächlich nur alkoholisiert – auf einer Bank lag, spuckte ihm dieser unvermittelt ins Gesicht. Noch bevor er reagieren konnte, folgte eine deftige Ohrfeige und der Mann verbiss sich in sein Bein. „Was mich am meisten nervt, sind verbalsexuelle Übergriffe“, sagt Karlisch und meint damit Männer, die in jener Weise sprachlich abdriften, nur weil sie nicht alle Hilfe bekommen, die sie sich vorstellen. Was ihn über solche Erlebnisse hinwegtröstet, ist die Tatsache, dass er bei der Bonner Feuerwehr eine Familie hat, Wertschätzung und Achtung erfährt und von älteren Kollegen auch mal liebevoll veräppelt wird – zum Beispiel, weil er doch so gerne einen Bart tragen würde, dies aber bei der Feuerwehr aus Sicherheitsgründen nicht darf. Nebenbei studiert er Emergency- und Rescuemanagement, weil er dieses Berufsfeld liebt. Und dann ist da ja noch etwas private Zeit für den Sport, für das Schwimmen, das Radfahren und das Bouldern. Sein Traum für die Zukunft lautet: „Ich möchte irgendwann den Notarztwagen fahren und im Tanklöschfahrzeug vorne rechts sitzen.“ Das sollte drin sein.